Gewichtsantrieb, Federzugantrieb und Hemmung
Um eine Uhr zum Laufen zu bringen, bedient man sich verschiedener Antriebe. Bei Uhren mit Gewichtsantrieb nutzt man die Schwerkraft. Ein Gewicht, dessen Schwere berechnet werden muss, um ein genaues Gehen der Uhr zu gewĂ€hrleisten, hĂ€ngt mit einem Seil oder einer Darmsaite an einer Rolle. Diese Rolle ist ĂŒber ein Zahnrad mit den anderen, in der Uhr notwendigen ZahnrĂ€dern verbunden. Die AbwĂ€rtsbewegung des Gewichtes wird in eine Drehbewegung umgewandelt, die die RĂ€der der Uhr zum Laufen bringt.
Bei einer Uhr mit Federzugantrieb dehnt sich eine vorher aufgezogene Feder aus. Die dabei entstehende Kraft wird wiederum ĂŒber ein Zahnrad auf die weiteren RĂ€der der Uhr ĂŒbertragen. Soweit wĂ€re alles ganz einfach.
Doch es ergibt sich das Problem, dass z.B. ein Gewicht zwar wie oben beschrieben RÀder antreiben kann, dass allerdings dabei keine genaue Anzeige der Zeit herauskommt, denn das Gewicht "möchte" auf dem schnellsten Wege nach unten. Auch die Feder treibt bei dem Bestreben sich auszudehnen, sich zu entspannen das RÀderwerk an. Wird sie jedoch in diesem Bestreben nicht gebremst, nicht gehemmt, so lÀuft die Uhr in rasender Geschwindigkeit ab, die Zeiger sausen im Kreis und eine
Zeitanzeige ist nicht möglich.
Man braucht also eine Bremse, die dieses unkontrollierte Ablaufen der Feder, bzw. das rasche Fallen des Gewichtes reguliert. Das wird bei Uhren durch die Hemmung, auch Gang genannt, erreicht.
Bei einer Pendeluhr ist diese Hemmung mit dem Pendel verbunden. Die Hemmung, ein besonders gebogenes oder gestanztes StĂŒck Stahl oder Blech, greift durch Klauen in ein Zahnrad, das Hemmungsrad, ein. Bei jeder Schwingung, die das Pendel nach rechts, bzw. nach links ausfĂŒhrt, gibt die Hemmung nur einen Zahn dieses Hemmungsrades frei, jeweils rechts, bzw. links. Danach wird die Uhr dadurch wieder angehalten, dass der nĂ€chste Zahn des Hemmungsrades auf die gegenĂŒberliegende Klaue der Hemmung trifft.
Die Uhr kann also nicht so schnell ablaufen, wie die Feder oder das Gewicht das "wollen". Die Dauer dieses Anhaltens der Uhr ist natĂŒrlich genau berechnet. Wenn wir vor einer Uhr stehen, können wir dieses Anhalten des Hemmungsrades zwar nicht sehen, aber deutlich hören. Es ist das typische "Tick Tack" einer mechanischen Uhr.
Man hat sich im Laufe der Jahre Gedanken darĂŒber gemacht, wie die Genauigkeit einer Uhr positiv zu beeinflussen ist. Und so hat man verschiedene Hemmungen, GĂ€nge erfunden. Bei Wanduhren im hĂ€uslichen Bereich werden fast ausschlieĂlich zwei Arten von Hemmungen verwandt.
Hakengang
In preiswerteren, hauptsĂ€chlich von Federkraft angetriebenen Uhren kommt bis heute der "Hakengang" zum Einsatz. Er gehört zu den sogenannten rĂŒckfĂŒhrenden Hemmungen, d.h. dass das Hemmungsrad durch das ausschwingende Pendel gegen die Kraft der Feder ein wenig zurĂŒckgedreht wird, wĂ€hrend die Hemmung den Schwung des Pendels abbremst. Da die Kraft der Feder aber natĂŒrlich weiter besteht und auf das Hemmungsrad wirkt, gibt sie dem rĂŒckfallenden Pendel quasi einen zusĂ€tzlichen "Schubs", der ausreicht, das Pendel zur anderen Seite schwingen zu lassen, wo sich die Prozedur wiederholt.
Wir sehen also, dass die Hemmung nicht nur dazu da ist, die Uhr am schnellen Ablaufen zu hindern, sondern gleichzeitig durch die auf sie wirkende Kraft der Feder das Pendel zum Weiterschwingen zu veranlassen und so die Uhr am Laufen hÀlt.
Klingt kompliziert, nicht wahr? Ist es auch, funktioniert aber prima, wie Sie am Ticken Ihrer Uhr hören können.
Amerikanerwerke
Um Uhren, insbesondere Regulatoren, einer breiten Masse von KĂ€ufern zugĂ€nglich zu machen und dem Druck der Konkurrenz standhalten zu können, sann man darĂŒber nach, wie man Uhrwerke billiger herstellen kann.
Damit hielten Uhrwerke amerikanischer Bauart in Deutschland ihren Einzug. Die Erkennungsmerkmale sind der Hakengang, zum Teil offene Federn und Platinen, Hohltriebe, weite Lager und dicke Zapfen. Vorreiter waren die Firmen Junghans und Pfeilkreuz, doch auch Hersteller wie Kienzle, Friedrich Mauthe oder Gustav Becker verwendeten mehr und mehr Amerikanerwerke.
Wenn Sie heute einen neuzeitlichen Regulator im GrĂŒnderzeitstil in der unteren bis mittleren Preisklasse kaufen, haben Sie es immer mit einem Amerikanerwerk zutun, welches in BilliglohnlĂ€ndern produziert wurde. Die minderwertigste QualitĂ€t erkennen Sie daran, dass die Spiralfeder unter dem Uhrwerk zu sehen ist, oder dass sich hinter dem Zifferblatt eine Holzblende befindet, die die offenen Federn verbergen soll.
Graham-Hemmung
Da bei dieser rĂŒckfĂŒhrenden Hemmung relativ hohe Reibungsverluste auftreten, verwendet man in höherwertigen Uhren eine sogenannte ruhende Hemmung, die Grahamhemmung, auch Grahamgang genannt. Auch bei ihr greifen Klauen in die ZĂ€hne des Hemmungsrades ein. Jedoch sind diese Klauen anders geformt als die des Hakenganges. Sie haben RuheflĂ€chen, auf denen die ZĂ€hne des Hemmungsrades aufliegen, der Reibungsverlust ist deutlich vermindert, weil die Uhr nicht zurĂŒckgedreht wird, wenn das Pendel ausschwingt. Da diese Hemmung empfindlicher reagiert, wenn die antreibende Kraft nachlĂ€Ăt, die Feder sich also entspannt und dadurch nicht mehr soviel Antriebskraft liefert, muss das gesamte RĂ€derwerk der Uhr deutlich prĂ€ziser gefertigt sein, als es bei der Hakenhemmung nötig ist.
Wegen dieser Eigenschaft des Grahamganges wurde er vorzugsweise bei gewichtsangetriebenen Uhren verwandt, da dort die Antriebskraft ja immer gleichbleibend ist. Wenn in einer federgetriebenen Uhr eine Grahamhemmung zur Anwendung kommt, lĂ€Ăt das aus o.a. GrĂŒnden auf die QualitĂ€t des Uhrwerkes schlieĂen.
Brocot-Hemmung
Zu erwĂ€hnen ist noch eine besondere Art der Hemmung, die Brocothemmung. Sie gehört zwar zu den rĂŒckfĂŒhrenden Hemmungen, jedoch ist die RĂŒckfĂŒhrung fast völlig ausgemerzt. Sie wird bei besseren Wand- und Standuhren verwandt, relativ oft sieht man sie bei französischen Pendulen. Aber auch sie kann nicht alle Vorteile von Haken- bzw. Grahamhemmung auf sich vereinen, darum sind die beiden anderen Arten nach wie vor anzutreffen.
Scherenhemmung
In Turmuhren kam die Scherenhemmung zum Einsatz. Sie braucht recht groĂe Schwingungsbögen des Pendels und somit Platz, den die schmalen Wanduhren nicht bieten können.
Spindelgang
In sehr alten Uhren finden wir hin und wieder auch noch den Spindelgang, der aber durch seine StöranfÀlligkeit nur noch geschichtliche Bedeutung hat.
Die Unruh
Und wie funktioniert das alles in Taschen- oder Armbanduhren? Wie kommt das Pendel in so eine kleine Uhr?
Sie haben es sich bestimmt schon gedacht: Gar nicht. In tragbaren Uhren arbeiten sehr viel kleinere Hemmungen zusammen mit einer aufgebogenen Spirale, die ein RĂ€dchen, die Unruh, hin- und her schwingen lĂ€sst. Das Ticken dieser PrĂ€zisionswerke entsteht auf die gleiche Weise wie bei den groĂen Uhren, die Arbeitsweise ist im Prinzip die selbe. In den meisten heutigen Armbanduhren werden sogenannte "Freie AnkergĂ€nge" genutzt. Sie sind dadurch gekennzeichnet, dass die
ausschwingende Unruh mit der Hemmung keine Verbindung hat, also frei schwingt und damit keine Reibungsverluste auftreten.
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