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Die alte Käthe

Die Uhr ist verkauft, aber einige Leute baten mich, den Text drin zu lassen. Der Text ist während der Restauration dieser Uhr zum Teil meiner Phantasie entsprungen.

Freischwinger Gründerzeit Carl Werner 01 ___beschreibung

Meine Mutti sagt immer, die Streisand wäre vor lauter Häßlichkeit wieder schön. Keine Ahnung, warum mir das beim Anblick dieser Uhr einfiel. Vielleicht, weil Lifting bei der alten Käthe nicht mehr helfen würde. Das Botox würde aus den Wurmlöchern wieder austreten, bevor es die Mimik glätten könnte. Und doch, die Uhr ist schön. Jetzt wissen Sie es. Wären Sie drauf gekommen, wenn ich es nicht verraten hätte?

Die Geschichte ist stellvertretend für das, was viele antike Uhren erlebt haben:

Ihren Lebenslauf begann die alte Käthe in Villingen Schwenningen, in der Uhrenfabrik Carl Werner. Sie war die Reaktion Werners auf eine neue Uhrenkreation des Erzkonkurrenten Lenzkirch.

Nun ja, sagen wir mal es war der Versuch, Lenzkirch etwas entgegenzustellen, was eine größere Auswahl an potentiellen Käufern erschließen sollte.

Der Uhrenmarkt war heiß umkämpft, immer mehr Hersteller tummelten sich im Schwarzwald und nur sehr wenige Leute konnten sich den Luxus einer Wanduhr aus Edelhölzern mit Vollplatinenwerk leisten. Also stellte auch Werner auf die Produktion von Uhrwerken amerikanischer Bauweise um, allerdings tat er das mehr oder weniger nur bei Freischwingern. Die waren damals gerade in Mode und man buhlte um Käufer. Hatte man doch mit dieser Art Uhrwerke die Möglichkeit, günstiger zu produzieren und eine andere Käuferschicht anzusprechen.

So lief die Hülle der Käthe eines Tages in der hauseigenen Tischlerei Werners vom Band. Und was war sie nett anzusehen, mit ihrem spiegelnd verklebten Furnier, den kecken Verzierungen, Aufbauten und Türmchen, den geschnitzten Blümchen, Blättern und gedrechselten Knöpfchen.

Freischwinger Gründerzeit Carl Werner 02In der ersten Nacht, als sie stumm im Regal zwischen ihren Schwestern lag, hörte sie es raunen. Das Raunen kam aus Halle 3, dort wurden die Geschöpfe für den Hochadel produziert. Uhren aus massiven Edelhölzern, Eiche, Nussbaum, Kirsche lagen dort in den Regalen und spotteten über die arme Käthe mit ihrem Furnier auf gemeinem Kiefernholz.

"Haha", meinte eine, "jetzt bekommt auch der Landadel die Gelegenheit zu wissen, was die Stunde geschlagen hat!" "Skandalös", rief eine andere aus Reihe 4. "Jetzt wird das Blendwerk in Massen verkauft und wir werden hier liegen bis uns der Holzwurm frisst!" "Mach Dir keinen Kopf, meine Liebe, bei Dir hat er nichts zu fressen. Deine Eichenteile sind schwer verdaulich." "Was man von Dir nicht sagen kann, Schätzchen, Dein Nussbaum soll dem gemeinen Holzbock besonders gut munden", rief ein Prunkfreischwinger aus Mahagoni, dunkel gebeizt. "Ach was, das ist amerikanisches Nussbaum, der gemeine deutsche Holzbock wird sich da nicht ran wagen, Ihr wisst doch, dass man Fremdem äußerst skeptisch gegenüber steht."

Der Käthe in Halle 2, im Regal Nummer 4, wurde ganz bange. "Lass sie reden, Schwester", versuchte eine zeitgleich vom Band gelaufene Salonuhr mit Vogelahornfurnier sie zu beruhigen. "Die werden nächstes Jahr immer noch da liegen und lästern. Wir werden dann schon in den Salons hängen und bewundernde Blicke auf uns ziehen."

"Du ganz sicher, Du bist ja auch für ein Westminsterwerk mit Vollplatinen vorgesehen", klagte Käthe. "Ich dagegen bekomme nur eine Spirale mit schnödem Gongverstärker!" "Wer wird denn kleinlich mäkeln", raunte eine Stimme aus Regal Nummer 3. "Seid froh, daß Ihr nicht woanders vom Band gelaufen seid. Da hättet Ihr einen Blechstuhl und einen kalten Hintern auf einem Blechschlitten bekommen. Mal abgesehen von der spillerigen Gongspirale."

Allgemeines Gelächter machte sich breit, das war ansteckend bis in die Hallen mit den hochwertigsten Wanduhren dieser Zeit. Denn alle Uhren Freischwinger Gründerzeit Carl Werner 03bei Werner mußten in dieser Zeit zwar Kompromisse bei der Fertigung hinnehmen, doch Detailverliebtheit war auch bei Werner kein Fremdwort. Dann wurde es still. Die Uhren warteten auf den neuen Tag. Den Tag, an dem die Herzen der Uhren, die Uhrwerke, in ihre Gehäuse einziehen und sie mit Leben füllen sollten.

Und auch Käthe bekam ein solides Schloßscheiben Uhrwerk, einen massiven Klangkörper mit einer dicken Tonspirale. Da lag sie nun, fix und fertig und wartete auf ihre neuen Besitzer.

Die bekam sie auch. Sie zog in den Salon eines Gutshofes ein, wo sie einige Jahre als ganzer Stolz der Besitzer das Zimmer schmückte. Der Gutsherr jedoch, wirtschaftete schlecht, lebte über seine Verhältnisse und mußte sparen. So kam es, daß der schicke Salon in kalter Pracht erstarrte, denn es wurde nur noch geheizt wenn Gäste zu Besuch kamen. Ein Fest für den gemeinen Holzbock. Der liebt es kühl und dunkel, seine Larven bevölkerten mit der Zeit das Mobiliar und fraßen sich durch das Holz. Auch Käthe blieb nicht verschont. Doch bevor sie zu viel Schaden nehmen konnte, wurde sie verkauft.

Der Gutsherr musste den Hof aufgeben, als er sich eingestehen mußte, daß er seine Schulden nicht mehr tilgen konnte. Käthe landete bei einer Industriellenfamilie als Wanduhr einer Küche. Und nun vollzog sich ein Wandel ihres Äußeren, den sie Zeit ihres Lebens beibehalten sollte. Da sie nicht zur Einrichtung der Küche passte, wurde der Gärtner von der Hausdame beauftragt, sie weiß zu streichen. Und das tat er. Dicke Farbschichten überdeckten nun ihr Edelholzfurnier, doch Käthe lebte.

Eifrig lief das Uhrwerk, Stunde für Stunde, Tag um Tag, Jahr für Jahr. Die Zeit hinterlies Spuren am Gehäuse, die weisse Farbe vergilbte langsam, aber sie blieb intakt und vollständig.

Wieder verging die Zeit, zwei Kriege zogen über das Land und Käthe wurde zur Kriegsbeute. Ein französischer Besatzungsoffizier nahm sie mit in seine Heimat. Dort versuchte er, die weiße Farbe wieder zu entfernen. Jedoch Freischwinger Gründerzeit Carl Werner 04war er handwerklich nicht der geschickteste. Nachdem er den prachtvollen Aufsatz freigelegt hatte, wurde er der Sache müde und verbannte die arme Käthe in die Sattelkammer, die gleichzeitig das Büro seines Pferdestalls war. Dort hing sie nun, mit wunder Haut aber intaktem Herzen und tat das, was man von einer Uhr erwartete. Das Werk lief und lief, jede halbe Stunde ertönte der wundervolle Gong, der einst im luxuriösen Salon das Auge jedes Anwesenden auf die Uhr zog.

Die Jahre vergingen, die alte Käthe war mittlerweile wieder vollständig weiß gestrichen worden und erinnerte sich nicht mehr daran, wie sie einst ausgesehen hatte. Zufrieden schnurrte ihr Uhrwerk vor sich hin, man meinte es gut mit ihr, sie bekam hin und wieder Reinigung und Öl, sie tat weiterhin das, was man von ihr erwartete. So hätte es weitergehen können bis ans Ende ihrer Tage, wenn sie nicht das Begehren von Urlaubern in der Provence geweckt hätte. So trug es sich zu, daß Käthe mit den Leuten wieder nach Deutschland reiste. Diesmal nach Berlin.

Die neue Besitzerin sah wohl ein, daß Käthe mittlerweile so viele Gebrauchsspuren hatte, daß sie nicht mehr makellos aussehen würde, wenn man ihr Edelfurnier wieder freilegen würde. Sie war Künstlerin, eine Malerin und sann darüber nach, wie sie Käthe wieder verschönern könnte. Mit ein wenig Goldfarbe passte sie das Gehäuse an die hohe Qualität des völlig intakt gebliebenen Uhrwerkes an und hing die alte Käthe in ihr Esszimmer. Dort verbrachte sie die nächsten Jahrzehnte inmitten von anderen weiß gestrichenen Landhausmöbeln und freute sich ihres Uhrenlebens. Ein alter Uhrmacher kümmerte sich alle paar Jahre um ihr Uhrwerk, das lief und lief und lief.

Da die Menschen sterblicher als alte Uhren sind, verließ Käthe auch ihre letzte Besitzerin, nachdem diese das Zeitliche gesegnet hatte. Die Erben bevorzugten einen anderen Einrichtungsstil und gaben die Käthe zusammen mit den Möbeln an einen Wohnungsentrümpler. Dieser verkaufte sie einem Antikhändler.

Da lag sie, versteckt unter Gerümpel aus alter Zeit, Freischwinger Gründerzeit Carl Werner 06niemand hängte sie mehr an die Wand und sie staubte langsam ein. Das Fett in ihren Federhäusern erstarrte, das Werk zur Untätigkeit verbannt, wartete darauf, gereinigt zu werden, um das zu tun, wofür Uhrwerke gemacht werden.

So entdeckte ich sie, in ihrer ganzen antiken Pracht, mit Gebrauchsspuren und den Zeichen eines langen Uhrenlebens. Ich nahm sie mit, reinigte das Uhrwerk und benutzte sie als Zeitvorgeber für die vielen restaurierten Uhren, wenn diese wieder eingestellt werden mußten. Denn Käthe ging als nahezu einzige bis fast auf die Sekunde genau.

Im Laufe der Zeit nahmen meine Aufträge zu, immer mehr Uhren werden zur Restauration abgegeben, Platz ist rar im Uhrenzimmer. Deshalb soll Käthe wieder ein neues Zuhause bekommen.

Das Ende dieser Geschichte bestimmen Sie! Mit dem Kauf der alten Käthe bekommt diese Geschichte ein Happy End und Sie bekommen eine Wanduhr, die auch Sie überleben wird. Denn sie ist aus bestem Hause, eben eine Carl Werner Uhr!

Wer nun kleinlich am Gehäuse mäkelt, von edlen, bestens erhaltenen Oberflächen träumt, der nehme eine meiner Lenzkirch Uhren.

Käthe war nur wenige Jahre im Originalzustand und mehr als 100 Jahre eine weiße Schönheit. Deshalb wurde sie gereinigt, repariert und soll so bleiben wie sie ist.

___uhrwerk

Gereinigt, Schloßscheibe, Gongverstärker, dicke Spirale, Lager intakt, sehr zuverlässig. Rostpendel mit Jungfrau auf der Pendellinse.

___firmengeschichte

Die Ursprünge der Firma Carl Werner gehen auf die Uhrenpackerei, Eisen- und Freischwinger Gründerzeit Carl Werner 07Kolonialwarenhandlung Nock in Villingen zurück, in die der aus Dunningen bei Rottweil stammende Schmiedegeselle Carl Werner (*1832, +1890), im Jahr 1861 einheiratete und die Fertigung von Schwarzwälder Uhren veranlasste.

Schon nach kurzer Zeit wurde die Produktion in ein Gebäude in der Schulgasse verlegt und die Schwarzwälder Uhren erhielten auch Federzugwerke. Mit Uhren dieser Sorte beteiligte sich Carl Werner an der Gewerbeausstellung Villingen 1876 und beschäftigte zu diesem Zeitpunkt 24 Fabrikarbeiter und 16 Heimarbeiter.

Die Gebäude wurden mehrfach durch Anbauten erweitert und ab 1884 hielt auch die Dampfmaschine Einzug. Das Firmenzeichen CW wurde übrigens erst 1887 geschützt.

Die beiden Söhne Carl und Hermann Werner übernahmen nach dem Tode von Carl Werner 1890 die technische und kaufmännische Leitung. Sie beschäftigten im Jahr 1893 etwa 300 Fabrik- und Heimarbeiter, die bis zu 1800 Uhrwerke in der Woche fertigten.
 

Carl Werner exportierte Uhren aller Art in die USA und England, wo eigene Verkaufsagenturen unterhalten wurden. Auch in Frankreich wurde für den Verkauf der Uhren ein Montagewerk errichtet. Hiermit war die Firma Werner nun zum industriellen Uhrenhersteller geworden und zugleich der größte Arbeitgeber in der Region Villingen und Schwenningen.

Freischwinger Gründerzeit Carl Werner 08Zwischen 1891 und 1895 wurde ein Firmengebäude in Villingen fertiggestellt, dadurch erhielt die Firma Werner einen neuen Stammsitz. Bereits 1899 wurden die Gebäude der ehemaligen Firma Hermann Brauckmann zur Gehäuseschreinerei erworben.

1908 erreichte die Firma Werner den Höhepunkt ihrer Entwicklung, doch im Jahr 1909 wurde das Zweigwerk in Innsbruck geschlossen. Im Februar 1912 wurde das Uhrenlager durch einen Brand vollkommen zerstört, was zu Lieferengpässen geführt haben dürfte.
 

Die Vergrößerung der vergangenen Jahre wurde leider zum großen Teil mit Krediten finanziert. Als die Banken die Zurückzahlung des Kredites verlangten, mußten die Brüder Werner 1913 an Kienzle verkaufen.

Carl Werner-Uhren gehören zu den hochwertigsten Uhren ihrer Zeit. Wie bei Lenzkirch gab es keine Kompromisse bei der Fertigung der Werke.

Skelettierte Platinen, wie sie später immer häufiger wurden, gab es bei Carl Werner erst, als die Blütezeit dieser Firma schon fast vorbei war. Sie fanden jedoch nur bei Freischwingern Verwendung.

___technischedaten

Erbaut etwa 1897, Größe ca: 96 x 40 x 18 (H x B x T in cm)
Uhrwerk: Schloßscheibewerk, Schlag auf Gongspirale mit Tonverstärkung, Rostpendel mit geprägter Zierpendellinse. Das Zifferblatt ist aus Zelluloid, mit Schellack lackiert, gut erhalten.

Das Werk ist mit Werners Punze markiert, Hufeisen und Stern. Gangdauer etwa 10 Tage, originale Wandabstandshalter von Werner vorhanden und montiert.

___preis

Verkauft

Freischwinger Gründerzeit Carl Werner 10 ___pflege

Nur abstauben, kann auch feucht abgewischt werden

___zubehoer

Alle meine Uhren kommen mit ausführlicher Pflege- und Bedienungsanleitung, Firmengeschichte, Schlüssel.

___antiquitaeten

Bedenken Sie bitte, daß die ältesten dieser Uhren über 140 Jahre alt sind. Alle Antiquitäten unterliegen dem natürlichen Alterungsprozess. Dies kann sich dadurch äußern, daß Holz verzogen ist, das es Wurmlöcher gibt, oder feinste Haarrisse in Zifferblättern.

Diese Dinge muß man hinnehmen, sie mindern nicht den Wert. Alle Mängel, die die Gebrauchsfähigkeit stören oder die Optik negativ beeinflussen, werden beseitigt, sofern das möglich ist.

Hier ist aber immer ein Kompromiß zu finden, um den Wert zu erhalten. Überrestaurierte Antiquitäten besitzen keinen Reiz mehr und sind wertlos.

___antikeuhrwerke

Konstruktive Mängel der Werke müssen hingenommen werden, da es nicht zur Aufgabe der Restaurierung gehört, eine Antiquität zu verbessern. (Trifft hier nicht zu!)

Zu Konstruktionsmängeln zählen u. a. ungünstig geformte Triebstirnseiten, horizontal stehende Spindelräder sowie große und flache Ölsenkungen und vieles mehr. (Trifft hier nicht zu!)

___versandkosten

Die Versand- und Verpackungskosten innerhalb Deutschlands betragen auf Grund der Größe und des Gewichtes 22,50 Euro. Das Glas wird mit Polsterung und Holz gesichert. Verkaufte Uhren werden vor dem Versand noch mal durchgesehen und müssen einen zusätzlichen Probelauf absolvieren. Die Lieferung erfolgt erst nach Ablauf der Uhrwerke, 1 - 3 Wochen Lieferzeit! Dies dient der Zufriedenheit der Kunden und der Garantie, die ich auf alle Uhrwerke gebe.

Freischwinger Gründerzeit Carl Werner 12 ___ineigenersache

Ein automobiler Scheunenfund kann weder am Straßenverkehr teilnehmen, noch wird er Schönheitspreise gewinnen. Ein Dachbodenfund wird erst dann die Zeit zuverlässig anzeigen und ein Schmuckstück Ihrer Wohnung sein, wenn er fachmännisch restauriert worden ist. Uhren, die Sie bei mir erwerben, bringen diese Qualitäten mit.

Als gewerblicher Händler bin ich verpflichtet, nach dem Fernabsatzgesetz eine Gewährleistung auf über 100-jährige Uhrwerke zu geben. Davor drücke ich mich nicht, indem ich wie einige andere Gewerbliche als Privatperson auftrete.

Der Uhrenkauf soll beiden Parteien Spaß und Freude bereiten. Ihnen als Käufer sichere ich eine Gewährleistung von 1 Jahr zu und liefere alle Uhren mit ausführlicher Bedienungsanleitung, vollständig und mit einer Servicenummer für Notfälle aus.

Das bedeutet für Sie die Sicherheit, eine Uhr zu erwerben, die nicht nur ihre Aufgabe, die Zeit anzuzeigen, zuverlässig erfüllen wird, sondern darüber hinaus eine Wertanlage für die Zukunft darstellt.

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