In den 70er Jahren hatten antike Bauern- und Landhausmöbel schon einmal Hochkonjunktur, sie standen im Zusammenhang einer allgemeinen Sammelleidenschaft für antike Volkskunstobjekte. Danach gab es eine sehr viel ruhigere Phase, doch im augenblicklichen Trend für Ökologie und Natürlichkeit stoßen auch antike handgefertigte Bauern- und Landhausmöbel wieder auf größeres Interesse.
Leider fehlt es aber in unserem Land noch an Mut, Selbstverständnis und Geschicklichkeit, bäuerliche Antiquitäten zu einem eigenen Wohnstil umzusetzen, wie es zum Beispiel in England oder Skandinavien schon lange üblich ist.
Gerade in Zeiten fragwürdiger Massenproduktion und Serienfertigung im aktuellen Möbelbau bestechen Bauermöbel durch ihre Schönheit, Schlichtheit und und Unverwechselbarkeit. Leider wird das Wissen um diese Möbel durch die immer größer werdenden Abstände zur Entstehungszeit immer geringer. Man kennt sie eigentlich nur als Antiquität, im ursprünglichen bäuerlichen Interieur sind ländliche Möbel so gut wie nicht mehr anzutreffen.
Erst in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, als die handwerkliche Möbelproduktion immer mehr durch industriell gefertigte Massenware verdrängt wurde, setze die besondere Wertschätzung ein, die dann etwas einhundert Jahre später zu einem wahren Begeisterungs- und Sammelboom führte.
Heute haben bäuerliche Möbel eine gewachsene und stabile Sammlergemeinde und durch den aktuellen “Landhausstil” stiegen auch die antiken Bauernmöbel wieder in der Gunst der breiten Öffentlichlkeit.
Falsch ist, dass es Bauernmöbel nur im süddeutschen Raum gegeben hat, wie vielfach geglaubt wird. Bauernmöbel sind nicht typisch bayrisch, unterscheiden sich aber je nach Region, aus der sie stammen.
Die erste Sammelwelle ländlicher Möbel begann Ende des 19. Jahrhunderts, als die industrielle Herstellung das Schreiner- und Tischlerhandwerk in den Hintergrund drängte.
Kritikerstimmen mehrten sich gegen diese “seelenlose” Maschinenarbeit, der man die “beseelte” Volkskunst der Vergangenheit gegenüberstellte. Um der wachsenden Nachfrage gerecht zu werden, spezialisierten sich viele holzverarbeitende Betriebe um die Jahrhundertwende auf die Herstellung von Möbeln im ländlichen Stil. Der nachempfundene rustikale Stil gliederte sich in die Formenvielfalt des Historismus ein und hat auch heute noch Bestand.
Nach 1945 hatte nationales Kulturgut aus uns bekannten Gründen einen bitteren Beigeschmack. Die alte Wohnkultur auf dem Lande wurde nun endgültig aufgegeben, viele ländliche Möbel wurden zersägt und verheizt, erst mit zunehmendem Wohlstand wuchs wieder ein Bewußtsein für alte Dinge.
In der neuen Boomphase für Bauernmöbel in den 70er Jahren wurden zwar viele Objekte dem Feuer und Beil entrissen, aber es wurden auch viele Möbel durch Ablaugerei, Zweckentfremdung und Überrestaurierung ruiniert, denn seit der Industrialisierung war viel Wissen um Erhaltungsmaßnahmen und Pflege verlorengegangen, die Restaurierung steckte noch in den Kinderschuhen.
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