Das Erscheinungsbild von Weichholzmöbeln ist heute im Vergleich zu früher vollkommen anders. So, wie wir die Weichholzmöbel heute kennen, hell und naturfarben, waren die Möbel in keinem Fall und zu keiner Epoche.
Mit einem derartigen Aussehen hätten die Weichholzmöbel den Geschmack und die wohnkulturelle Absicht vergangener Stile vollkommen verfehlt. Wenn man die hellen Ede lhölzer wie Kirschbaum, Esche und Birke des Biedermeier außen vor läßt, die in dieser Zeit einzigartig die stilistische Mode der gehobenen Wohnkultur darstellten, dominierten die dunklen Hölzer wie Nußbaum, Eiche durch alle Epochen.
Edelhölzer, insbesondere Nußbaumholz waren sehr teuer und so blieb es nur den Wohlhabenden dem Adel und dem Großbürgertum vorbehalten, sich it diesen wertvollen Hölzern zu umgeben. Die unteren Gesellschaftsschichten waren nicht in der Lage, diese teueren Hartholzmöbel zu erwerben. Damit war es der Mehrheit der Bevölkerung unmöglich, den elitären Wohnstandard der Reichen zu übernehmen. Dies gilt vom Barock bis zum Jugendstil und darüber hinaus.
Dennoch waren die unteren Gesellschaftsschichten an der gehobenen Wohnkultur der Reichen ausgerichtet und taten es “kostengünstig” den Reichen nach.
Die Alternative hieß Imitation. Dazu bediente man sich nachahmender Oberflächenlasuren, die Möbel wurden maseriert. Diese Lasuren, meist Essig- oder Bierlacke, wurden auf “minderwertige” Weichhölzer wie Tanne, Kiefer oder Fichte aufgetragen.
Die Korpusse dieser zwangsläufig ökonomisch gestalteten Möbel erhielten einen braunen Überzug, in dessen Lasur edelholzähnliche Strukturen eingezogen wurden, die die Maserung edler Hölzer nachahmen sollten. Neben Schreinern und Tischlern führten vorwiegend Maler und Tapezierer die Kunst des Holzbemalens aus.
Antike Weichholzmöbel sind aus heutiger Sicht nicht zwangsläufig Bauernmöbeln gleichzusetzen, denn es waren alle Personenkreise und Berufsgattungen der unteren Gesellschaftsschichten, die sich auf Grund ihrer finanziellen Lage mit Weichholzmöbeln zufrieden geben mußten. Weichholzmöbel folgten also immer in adaptiver Weise und mit zeitlicher Verzögerung dem Stil, der bereits geschaffen war. Es kam niemals ein Stil durch Weichholzmöbel hervor.
Wenn man allerdings bedenkt, unter welchen schreinertechnischen Voraussetzungen die Weichholzmöbel zumindest vor der Mitte des 19. Jahrhunderts entstanden sind, muß man vielen Möbeln handwerklichen Respekt zollen. Der Unterschied zu Möbeln aus Edelhölzern liegt nämlich vielfach nicht in der Ausführung sondern in der Auswahl der Hölzer und des kostbaren Furniers.
Unter Berücksichtigung der differenzierten Voraussetzungen unter denen Weichholzmöbel und Edelholzmöbel entstanden sind, kann man aus kunstgewerblicher Sicht beides nicht miteinander vergleichen.
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